Montag. Immer diese Montage. Man könnte sie einfach auch weglassen. Aber wäre dann Dienstag Montag? Auch doof. Vielleicht sollte ich nächste Woche einfach im Bett bleiben.
Tag 14: 14. Januar 2019
Die Gassirunde bei Nieselregen und schweren Gedanken. Dem Hund ist das egal. Hauptsache raus und rennen. Auch gerne mal wegrennen. Vor großen, schwarzen, furchteinflößenden Hunden. Heute wäre ich gern mein Hund.
Ich las vorher den Artikel von Miriam Vollmer mit dem Titel Halbe Halbe und ärgerte mich. Es geht um die Verteilung der Care-Arbeit. Frau Vollmer und ihr Mann teilen gerecht.
Sie tracken die Familienarbeit und protokollieren sie im 15 Minuten-Takt. Ende der Woche wird abgerechnet. Warum mich der Text so angestochen hat? Weil bei uns nicht Halbe Halbe ist. Das ist sozusagen historisch gewachsen und ich finde keinen Ausweg. Ich dachte immer, wenn die Kinder größer sind (sind sie jetzt), dann “bin ich dran”. Aber jetzt sind zwei der Kinder auf der weiterführenden Schule und brauchen mich mehr denn jeh. Oder bilde ich mir das nur ein und fühle mich einfach nur gerne unentbehrlich? Oder bin ich zu nachgiebig und erlaube zu viele Dinge, bei denen sie meine Unterstützung brauchen? Muß ich auf den Tisch hauen und verlangen, daß ich jetzt mal dran bin? Es bleibt frustrierend.
Bevor ich ins Büro fahre putze ich schnell noch das Chaos in der Küche weg und stelle fest, daß das Sieb am Wasserhahn in der Toilette verkalkt ist und tropft. Tjanun. Jetzt ist es verbogen und geht wohl nie wieder ab. Noch Fragen?
Wenigstens ist der Ausblick aus dem Bürofenster kurzzeitig mit Sonnenschein verbunden. Und es gibt Käsekuchen für mich. Ja richtig: K.Ä.S.E.K.U.C.H.E.N. Von der netten Person am Schreibtisch gegenüber. Schon hellt sich die Seele ein wenig auf. Was Zucker nicht so alles kann.
Viel Zeit im Büro bleibt mir nicht, denn heute ist wieder 12.15h Schulschluß. Die Jüngste kommt zeitgleich mit mir nach Hause und macht mehr oder weniger willig die Hausaufgaben. Während ich Nudeln koche und Baguetteteig vorbereite. Natürlich macht sie das auf dem Küchenblock, ganz dicht am überkochenden Wasser. Das Kind kocht auch förmlich über, als ich alles nochmal wegradiere und sie von Neuem Schönschreiben üben muß.
Später kommt eine Freundin vorbei, um die gesammelten Klamotten der Mädels durchzusehen. Wir haben viel zu viel. 99% davon ist geschenkt bekommen. Leider kann sie nur wenig weiterverwenden. Wer also Interesse an (Mädchen-)Kleidung zwischen 116 und 128 hat, der darf sich gerne bei mir melden.
Und nein, diese Kisten sind nicht dem momentan herrschenden Aufräum- und Ausmistwahn entsprungen. Meine Kinder sind einfach nur herausgewachsen. Den Aufräumtrend sehe ich nämlich sehr kritisch. Marie Kondo, die japanische Aufräumqueen mit eigener Netflixserie setzt dem Ganzen die Krone auf: Sie postuliert all das aus seinem Haushalt zu entfernen, was keine Freude bereitet. In einer Episode trägt sie 150 Säcke voll mit Zeug aus einer Wohnung. Manche Dinge landen in Second Hand Läden, das Meiste jedoch auf dem Müll.
Sollten die Aufräumwütigen nicht an anderer Stelle ansetzen und überlegen, wie sich so viel Ungeliebtes ansammeln konnte? Zu viele Dinge zu besitzen ist nur ein Symptom. Die Befriedigung, die die Menschen erleben, wenn sie sich etwas materielles “gönnen” hält nicht lange an. deshalb muß dieser Akt des Kaufens immer und immer wiederholt werden.
Verrückt irgendwie.
Es wirkt von außen sicherlich so, als würde ich den ganzen Tag nur Baguette backen. Ist aber gar nicht so.
Nachdem die Baguettes aus dem Ofen waren, widmete ich mich dem Badezimmer. Staub auf den Ablagen und Zahnpastareste in den Waschbecken. Man kennt das.
Das hohe Stimmchen der Jüngsten drang aus der Küche zu mir, während ich gerade die Toilette schrubbte: “Darf ich das Baguette probieren?” und ich rief “Ja klar” hinter der Klobürste die Treppe hinunter. Hätte man mir aber auch sagen können, daß “probieren” bei den Kinder ich verputze die komplette Baguettestange bedeutet. Hmpf.
Beim Küchenbodenwischen fluchte und schimpfte ich vor mich hin. Es fielen Sätze wie:
“Ein ganzes Baguette mit Nougatcreme vor dem Abendessen!”
“Ihr denkt echt nur an euch!”
“Und beim Tischdecken helfen könntet Ihr auch mal!”
“Ich hab echt keine Lust mehr Euch alles hinterher zu tragen!”
“Und Englisch habt ihr auch nicht gescheit gelernt heute!”
Ganz schön doof im Nachhinein. Man weiß ja eigentlich, daß Vorwürfe extrem kontraproduktiv sind. Eigentlich. Mit guter Laune hätte ich das sicher alles Jesper Juul-konform formulieren können. Tjanun.
Ich habe dann übrigens noch ein Topfbrot gebacken. Für morgen.
Bleibt zum Abschluß des Tages das falsch zugeordnete Zitat. Es stammt eigentlich von Günther Oetinger (18. Dezember 2007 in Stuttgart befragt zu einer feucht-fröhlichen Feier im Keller der Brüsseler Landesvertretung im Januar 2007 und zu einem Foto, das ihn dabei mit einem Teesieb als Brille zeigt. [Quelle: Stern.de])
Ein tag zu spät, aber egal! Ich sehe das mit der Ausmist-Sache auch so wie du. Bei mir ist es so, dass ich irgendwie anders (kann gar nicht sagen wie) zu bewussterem Konsum gekommen bin. Aber ist es nicht trotzdem gut, wenn so viele Leute erreicht werden und dann auch über ihr Konsumverhalten nachdenken und es ändern? Mich erinnert das an einen Post von Geborgen wachsen, wo es darum geht, dass viele sagen, „puh, alle machen jetzt auf Nachhaltigkeit, nur weil es in ist!“. Ich denke und hoffe, dass das eine Chance für uns ist, doch noch die Kurve zu kriegen.
Ich wünsche Dir einen schönen Mittwoch!
Natürlich erkenne ich mich wieder, liebe Suse.. lach! Bei mir ist es mein Jüngster, der mich “mir nichts – dir nichts” zur Weißglut treiben kann. Die entzückende Marie auf Netflix habe ich ganze 7 Minuten ertragen – dann habe ich lieber noch eine Folge “Der Lack ist ab” geguckt. Familienzeit zu trackern finde ich ehrlich gesagt.. mmh.. wie sage ich’s.. doof. Jeder hat doch seine Aufgaben und Verpflichten. Mein GG wäre gar nicht häufig genug da, um auf halbe/halbe zu kommen. Aber keine Angst.. ich verstehe schon, was Du meinst ;) Dir einen lieben Gruß, Nicole
Vielen Dank für deine täglichen Einblicke. Mir geht es in vielen Dingen genauso, obwohl meine drei noch jünger sind (2 Grundschulkinder, 1 Kindergartenkind). Ich bin auch selbständig im Home Office und alle Hausarbeit bleibt an mir hängen. Vielleicht sollte ich mich mal beschweren, statt einfach alles klaglos zu erledigen.
Liebe Sabine,
Vielen Danl für Deine Rückmeldung. Ich habe beschlossen in diesem Jahr ganz anders zu bloggen als bisher und das funktioniert für mcih ziemlich gut. Anscheinend liest es auch jemand. Was mir zeigt, daß das echte Leben anderer auch interessant sein kann.
Was machst Du im Homeoffice (gerne auch per Mail), das würde mich sehr interessieren.
Grüße
Suse
Hallo Suse,
auch wenn (oder vielleicht auch gerade weil) wir öfter mal unterschiedlicher Meinung sind, lese ich deinen Blog sehr gerne!
Den Minimalismus Wahn sehe ich zB ähnlich wie du und doch anders: Das Kaufen um zu kaufen ist nur eine Kompensation von anderen Bedürfnissen, die von der Wirtschaft natürlich genau so gewünscht ist – da bin ich absolut deiner Meinung.
Ich bin aber zB erst durch das konsequente Ausmisten dahinter gestiegen und finde es sehr befreiend, mich nun von den ganzen Dingen zu trennen, die ich eigentlich gar nicht brauche. Manchmal braucht es Zeit, um Dinge zu erkennen – und mir persönlich hat Marie Kondo mit ihrer etwas schrägen Art aber sehr konkreten Tipps ziemlich geholfen.
Der positive Nebeneffekt: Seit wir weniger Dinge besitzen, ist es ordentlicher obwohl wir viel weniger Zeit zum Aufräumen brauchen.
Liebe Grüße,
Patricia
Liebe Patricia,
hab ganz lieben Dank für deinen Kommentar.
Ich finde den Austausch mit Dir eben deshalb so erfrischend, weil wir tatsächlich unterschiedliche Ansichten haben.
Die aber auf ähnliche Dinge herauslaufen: Ich miste auch aus, achte aber (wie Du ja auch) sehr darauf, was mir ins Haus kommt und was nicht.
Liebe Grüße
Suse
Also heute backe ich aber auch! Ständig so leckeres Brot zu sehen – das hält ja niemand aus! ;-))
Und eine Frage. Bereitet dir deine Klobürste eigentlich Freude? Wenn nicht, du weißt ja, weg damit.
Über deine Schimpftirade muss ich aber echt schmunzeln. Irgendwie (leider) erkenne ich mich da deutlich wieder.
Wenn man aus einem eigentlich nichitgen Anlass plötzlich auf 180 ist.
Liebe Grüße
Jutta
Ich liebe meine Kobürste. Und sie bereitet mir natürlich täglich Freude ;-)))