Aufgewachsen in einem oberfränkischen Dorf, nahe der innerdeutschen Grenze war mir immer bewußt, daß es zwei Deutsche Staaten gab. Gingen wir im Wald spazieren, stießen wir sehr schnell auf die Schilder, die das Weitergehen untersagten. Mir machte es Angst, wenn ich merkte, wir wurden aus den Grenztürmen heraus beobachtet.
(Als ich im Nachhinein erfuhr, daß es politische Situationen gab, in denen sogar Raketen auf unser Dorf gerichtet waren, wurde mir schlecht).
Es gab mal eine Geschichte, die immer wieder erzählt wurde: ein Mädchen ist von der Schule mit dem Zug Richtung Zonengrenze nach Hause gefahren und vergaß im letzen Ort vor der Grenze auszusteigen. Sie wurde drei Tage in der DDR festgehalten und verhört, bis sie wieder ausreisen durfte. Solche Geschichten schürten natürlich die Angst unter den Kindern.
Am 09. November 1989
saßen wir natürlich alle vor dem Fernseher als es hieß: “Die Grenze ist offen!”
Damals, fast zehn Jahre alt konnte ich die Bedeutung dieses Ereignisses nicht erfassen. Für mich war zu diesem Zeitpunkt nur wichtig, daß wir ab sofort keine 200km mehr fahren mußten, um unsere Verwandtschaft zu besuchen, die eigentlich nur 15km von uns entfernt wohnte.
Richtig begreifen konnte ich es erst, als Sonderzüge über die Grenze in den Westen kamen und winkende Menschen an uns vorbeifuhren. Und als man Schlangestehen mußte um zu Aldi reinzukommen.
Für uns als Fahrschüler bedeutete es auch viele Jahre, daß wir mit den alten Reichsbahnwaggons in die Schule fahren durften. Das fand ich toll, denn die Abteile atmeten irgendwie Geschichte aus.
Sechs Wochen später
am Tag vor Heiligabend packten unsere Eltern uns ins Auto und wir fuhren zum nahegelegenen Grenzübergang. Ich erinnere mich sehr gut, daß es sonnig war und relativ mild. Zu dem Zeitpunkt durfte man nur zu Fuß die Grenze überqueren, aber wir wollten unsere verwandten endlich auf direktem Weg besuchen und marschierten los.
Wie lange wir gebraucht haben? Ich weiß es nicht mehr. Auf jeden Fall waren unsere Verwandten an diesem Tag gar nicht zu Hause. Dafür aber andere Verwandte von ihnen, die uns mit großem hallo aufnahmen. Sehr herzlich und gastfreundlich. Mit ihnen haben wir dann den Nachmittag verbracht, bis unsere Verwandten zurück waren.
Ich glaube so viel Kuchen und belegte Brote habe ich seitdem nicht mehr an einem Tag gegessen.
Und an diesem Tag habe ich das erste mal Thüringer Nougattütchen probiert. Vorher haben mir meine großen Brüder immer weis gemacht, in DDR Schokolade sei IMMER Ochsenblut drin. Hat sich nciht bestätigt.
Und Eure Erinnerung an den Tag, an dem die Mauer gefallen ist?
Inka fragte am 3.Oktober auf ihrem wunderbaren Blog Blickgewinkelt nach Erinnerungen an diesen Tag.
Gruß Suse
*Leider habe ich kein Bild aus der Zeit. Ich hatte noch nicht mal einen Fotoapparat.
Hallo Suse, ich war leider noch nie in Berlin aber Anfang der 1990er mit meinen Eltern mal in Eisenach und dort in der Nähe auf einer Burg. Der Mauerfall ist mir vor allem wegen dem Song “Looking for Freedom” in Erinnerung und habe am TV live miterlebt wie sich die Mauer öffnete, die jubelnden Menschen sich in den Armen lagen und sich einfach nur freuten endlich freier zu leben.
Hey Suse,
schön auch deine Geschichte zu lesen. Alle sind so sehr unterschiedlich und berührend. Im Schatten der Mauer leben egal auf welcher Seite war furchteinflößend.
Vielen Dank auch für deinen Besuch bei mir.
Hab einen schönen Abend, Tobia
Danke für Deinen Besuch hier :-)
Wie aus 200Km 15Km wurden… schöne Erinnerung. Ich bin auch über blickgewinkt auf dich gestoßen :D
P.S. schöner Blog ;)
Wunderbare Momente die jeder einzelne erlebt hat und es ist toll dies nun bei Euch lesen zu können. Bin im nach hinein glücklich das ich auch ein wenig aufgeschrieben habe http://www.demipress.me/2014/11/es-war-ein-sommertag-im-november-winter.html
Grüsse sendet Daniela
Liebe Suse,
schön auch deine Erinnerungen lesen zu dürfen. Ich kann mich gar nicht satt lesen, an all den unterschiedlichen Geschichten. Ein Buch dazu müsste her ;-)
LG
Stephi