Das Buch Der Ernst des Lebens habe ich der großen Zwergin in die Schultüte gesteckt. Alleine schon, um dieser Angstmacherei und Schwarzmalerei etwas Kindgerechtes entgegen zu setzen.
Aber diejenige, die eigentlich Angst vor der Schule hatte, war gar nicht meine Große. Ich war es.
Warum? Kurz gesagt, mein Kind kam mit nicht ganz sechs Jahren von der Insel der Glückseeligen (Betreuung im Montessori Kindergarten mit mehr als überdurchschnittlichem Betreuungsschlüssel) in eine staatliche Kleinstadtschule. Wo vorher jeder Konflikt besprochen wurde und jedes Kind nach seinen Fähigkeiten individuell gefördert wurde, war in der Schule alles ganz anders.
Sagen wir, ich hatte Respekt vor dem, was die Zwergin -und auch uns als Eltern- dort erwarten würde. Aber wir hatten eine Gewißheit: Unser Mädchen ist stark und wird durch Herausforderungen nur noch stärker.
MamaNotes hat auf Twitter nachgefragt, was auf sie zukommt wenn ihre Tochter in die Schule kommt. Wenn der Ernst des Lebens beginnt. Zur selben Zeit habe ich den Beitrag über Spielplätze geschrieben und mir Gedanken darüber gemacht, wie es war, als ich noch Kindheit vor mir hatte.
Bedauern, daß diese Zeit vorbei ist hilft nichts. Unsere Kinder haben nur diese Kindheit, die sie gerade leben. Wir können ihnen nur helfen, den für sie bestmöglichen Weg innerhalb der gegebenen Umstände zu finden.
Der Ernst des Lebens beginnt
Die Zwergin geht also in eine staatliche Grundschule. Zusammen mit 22 anderen Kindern, die aus höchst unterschiedlichen Lebens- und Familienverhältnissen stammen und diesen Hintergrund mit in das Klassengeschehen hineinbringen.
Nach der Schule -das kann gerne schon mal um 11.15h sein- kommt die Zwergin zu Fuß nach Hause und bekommt meistens ein warmes Mittagessen bevor sie sich an die Hausaufgaben setzt. Aus lauter Neugier wollte sie zu Beginn der Schulzeit auch mal -wie die meisten anderen Kinder- in den Hort. Seit sie aber mitbekommen hat, daß es dort auch Regeln gibt und sie frühestens um halb vier zu Hause wäre erwähnt sie diesen Wunsch mit keinem Wort mehr.
Wir haben uns gegen den Hort entschieden, da ich mit No.3 eh noch zu Hause war und die 120€ Monatsbeitrag anderweitig benötigt wurden.
Ich habe mich innerlich nochmals gegen den Hort entschieden, nachdem es einige Male vorgekommen ist, daß Klassenkameraden/innen, die eigentlich Hortkinder sind, zusammen mit der Zwergin vor der Tür standen. Ohne das Wissen des Hortes oder der Eltern.
Nun ist es so, daß sich die Zwergin oft im Unterricht langweilt und dann die Mitarbeit verweigert. Ich kann sie verstehen, denn manche Themen werden drei Wochen vor und zurück besprochen und eingeübt. Bis sie keinen Spaß mehr machen. Dafür möchte ich der Lehrerin aber keinen falls einen Vorwurf machen. Es ist eben eine Klasse, die den Schnitt quer durch die Gesellschaft widerspiegelt. An sich auch völlig in Ordnung. Nur fehlt das Personal, die zu fördern, die unter oder über dem Leistungsschnitt der Klasse liegen.
Für mich heißt das, die Zwergin immer wieder motivieren, niemals eine Frage unbeantwortet lassen und zu Hause spannende Themen zu behandeln. Und sie, so oft es geht “freizulassen”. Klingt komisch, aber ihr geht es nur gut, wenn ich ihr Verantwortung übertrage und sie viele Dinge alleine entdecken und ausprobieren lasse. Für mich ist das erst mal schwierig zu verstehen, ich habe für so was immer einen meiner älteren Brüder vorgeschickt.
Die Erfahrung hat mir gezeigt, je mehr Vertrauen ich ihr entgegenbringe, desto mehr kann ich mich auf sie verlassen.
Die Lebensumstände ändern sich – die Betreuungssituation ändert sich
Mitte September, wenn hier in Bayern die Schule wieder beginnt habe ich das nächste Schulkind. No.2, auch ein Oktoberkind ist dann noch nicht ganz sechs. Seit sie das O.K. von allen Seiten für den Schuleintritt bekommen hat, ist eine Last von ihr gefallen. Sie wirkt plötzlich viel reifer als noch vor wenigen Wochen.
Zu Beginn werde ich den Weg mit ihr zusammen gehen und sie in den ersten beiden Wochen auch abholen. Danach nur noch auf Wunsch an der Schule stehen, wenn sie nicht mit der großen Schwester zusammen aus hat.
Zwei Wochen vor Schulbeginn darf No.3 endlich ganz regulär jeden Tag in den Kindergarten gehen. Sie fühlt sich eigentlich schon schulreif und meint, sie müsse wegen ihrer geringen Körpergröße erst noch mal schnell in den Kindergarten gehen.
Und ich kann endlich 5 (Vormit)Tage die Woche in meinem Homeoffice arbeiten. Ohne No.3 auf dem Schoß und ohne schlechtes Gewissen. Zwar habe ich unzählige Bewerbungen bereits versendet, doch bin ich von einer Festanstellung noch meilenweit entfernt.
Sollte sich doch ein Job auftun, bei dem ich von 7 bis 15h flexibel arbeiten kann, dann werde ich mir jemanden suchen, der die beiden Großen nach der Schule zu Hause in Empfang nimmt, ihnen etwas zu Essen macht und die Hausaufgaben (die übrigens alleine im Zimmer gemacht werden) kontrolliert. Wahrscheinlich geht dann mein Gehalt zum größten teil dafür drauf. Aber wenn es DER Job ist, dann ist es das wert.
Die Hortlösung würde Zwergin No.1 sicher nicht schaden, aber ich bin mir sicher, daß diese Art der Betreuung unzumutbar für No.2 ist. Sie ist gerne nach dem Kindergarten für sich und möchte dann in Ruhe gelassen werden. Dort wären jeden Tag 60 Kinder, die alle ihre Wünsche und Bedürfnisse einbringen und beachtet werden wollen. Das möchte ich dem Kind nicht zumuten.
Ich habe ein Luxusleben, was die Wahlfreiheit bezüglich der Kinderbetreuung betrifft. Während des Studiums hatte ich andere Träume, was mein berufliches Vorankommen anbelangt. Aber mit den Kindern haben sich die Prioritäten in so weit verschoben: Erst die Kinder und dann mein Beruf. Sind die Kinder glücklich und stabil, kann ich an mich und meinen Beruf denken. Das wird sich auch wieder ändern und dann kann ich auch wieder mehr für die Rente ansparen. das blende ich im Moment einfach aus.
Wären die Betreuungsgegebenheiten hier anders, würde einiges hier anders laufen. So, wie es ist, habe ich aber das Gefühl, daß ich meine Kinder nicht den ganzen Tag in fremde Hände geben kann. Wenn es für die Kinder vormittags schon schwierig ist, möchte ich versuchen ihnen am Rest des Tages eine stabile Basis zu geben. Mein subjektives Gefühl.
Veränderungen müssen her!
Jeder Mutter wünsche ich eine wirkliche Wahlfreiheit, was die Betreuung ihrer Kinder angeht. Und Wahlfreiheit heißt hier, daß ich mich zwischen verschiedenen Arten der Betreuung entscheiden kann. Ist die eine Betreuung schlecht, habe ich keine wirkliche Wahl.
Das ganze Schulsystem müßte gründlich und deutschlandweit reformiert werden. Ganztagesschulen, bei denen das Pensum entzerrt ist, sind gar kein so schlechter Ansatz. Das würde Müttern auch ohne schlechtes Gewissen, die Kinder geparkt zu haben, mehr Freiraum für bezahlte Arbeit geben.
Mehr dazu könnt ihr hier lesen:
@MrsCgn: Grundschule – kein Kindergarten in anderen Räumen
Mama oder Management: Mein Beitrag zur Blogparade
Frau Wundertolles: Ganztagsbetreuung und Kindheit – Check!
Zweifachmama: Schule-Betreuung-Familienzeit: Mein Beitrag .
Frische Brise: Grundschule und Kinderbetreuung ..
Juna im Netz: Das Kreuz mit der Schule
Momsoffice: Ein Erfahrungsbericht
Jademond: Grundschulzeit und Betreuung
Stefanies Art: Kinderbetreuung
Souffleurlos: Kinderbetreuung
Munichs Working Mom: Die Sache mit der Schule
Liebe Suse,
schon lange war ich nicht mehr bei Dir (was um Himmels willen nichts mit mit Deinem grandiosen Blog zu tun hat sondern mit der Tatsache, dass ich kaum mehr online unterwegs bin – Onlinebanking, Bestellungen und Adressen googeln zählt für mich nicht). Diesen Beitrag finde ich – mit all den dazugehörigen Links – jedenfalls total interessant. Das Thema Grundschule brennt auch im Hause P. derzeit. Nur mit dem kleinen Unterschied, dass ich Mama eines “besonderen” Kindes bin. Also überlegen wir hin und her. Integration mit einem Fahrtweg, der ewig dauert? Inklusion, die sich in der Theorie ganz wundervoll darstellt, in der Praxis jedoch alle zu überfordern scheint: Direktoren, Lehrer, Eltern und – nicht zu vergessen – Kinder…? Freie Schulen? Oder doch “besondere” Schule? Und dann stellt sich die Frage nach der Betreuung, denn das Ende der Elternzeit naht und damit auch die ständige Mamaverfügbarkeit. Was tun?
Deshalb bin ich froh um Einblicke und Erfahrungen von Müttern, die bereits Grundschulkinder haben und werde nun die anderen Beiträge lesen.
Ach, und direkt im Anschluss verschlinge ich dann die Karriere-mit-Kind-Tipps. Habt Dank, Ihr Schreiberinnen!
Allerliebste Grüsse an Dich, liebe Suse
Kristina ♡