Newborn

Seit fast drei Monaten bin ich jetzt bei Twitter und bemerke täglich aufs Neue, daß dieses Medium Freude bereiten kann, weil es einem das Gefühl gibt, die Leute da draußen nehmen Anteil. Aber genauso schnell bleibt ein schaler Geschmack im Mund zurück. Wenn sich aus einer Äußerung plötzlich ein Shitstorm entwickelt und alle sich angegriffen fühlen. Anna von Berlinmittemom war auch entsetzt. Sie hat ihre völlig nachvollziehbaren Gedanken und Gefühle zu diesem Thema geäußert und zur Blogparade aufgerufen. Aber in manchen darauf folgenden Blogposts fallen auch Kraftausdrücke wie F* you!*. Emotionalität hin oder her. Ich meine Emotionen dürfen sein. Aber denkt ein bißchen an die Netiquette. Bitte.

#selbstgeboren

Worum es bei #selbstgeboren geht?  Anna Virnich, seit sieben Jahren Hebamme, plant ein Buch mit dem Titel “Selbstgeboren”. Sie will Geburtsberichte von Frauen aufnehmen, die ohne medizinisches Eingreifen geboren haben. Dies mit dem Hintergrund, daß sie nur sehr wenige Geburten erlebt, die “ohne alles” ablaufen. Deshalb möchte sie Berichte darüber sammeln, wie es ist, wenn alles gut geht.

Falsche Wortwahl

Zugegeben, der Titel ist schlecht gewählt, weil es ja eigentlich keine andere Möglichkeit gibt, als selbst zu gebären. Warum?
Verzeiht mir die Klugscheißerei. Ich bin Sprachwissenschaftlerin und habe mal kurz das Etymologische Wörterbuch bemüht. Hier steht alles über die ursprünglichen Wortbedeutungen drin. Um niemanden zu langweilen die Kurzform: “Gebären” kommt von Leibesfrucht tragen oder bringen. Im engeren Sinn ist die Schwangerschaft ein großer Teil des Gebärens.
Was ich damit sagen will: man kann Begriffe unterschiedlich definieren und auffassen. Wenn ich mich ausgeschlossen oder angegriffen fühlen möchte, dann kann ich das immer.

Hinterher kann keiner mehr etwas ändern

Kein Mensch zeigt mit dem Finger auf Frauen, die ihre Kinder mit Hilfe von Einleitung, PDA oder Kaiserschnitt ihre bekommen haben. Sie haben es sicher nicht aus Willkür getan. Oder weil sie es selbst besonders toll fanden. Die Situation hat es eben so ergeben. Und für diese Mütter war es im entscheidenden Augenblick der richtige Weg. Natürlich gibt es bei einem Notkaiserschnitt keine Entscheidung. Keine.

Aber deswegen ist es doch umso wichtiger, daß alle zusammenhalten und dafür sorgen, daß es den ENTSCHEIDENden Augenblick immer geben wird. Das ich mich im Zweifelsfall selbst entscheiden kann, wie ich mein Kind zur Welt bringen möchte. Siehe #Hebammenprotest.

Meine eigenen Geburten

Ich selbst habe viermal geboren. Davon einmal tot. Auch wenn es mit tagelanger Einleitung war. Die Zwillinge waren wochenlang in meinem Bauch. Und dann nicht mehr. Es war eine Geburt, ein auf die Welt bringen. Heute würde ich sie vielleicht zu Hause bekommen. Mit meiner Hebamme an meiner Seite. Aber über das was wäre nachzudenken ist müßig.
Zwergin No.1 ist im Geburtshaus geboren. No.2 und No.3 zu Hause. Aber natürlich nicht ohne Hilfsmittel: Ich habe so weit möglich per Feinultraschall abklären lassen ob es etwas Auffälliges gibt. Und ich hatte Vertrauen. Vertrauen in mich, in mein Kind, in meinen Partner und ganz besonders in meine Hebamme. Mir war bewußt, daß sie mich ins Krankenhaus verlegen würde, wenn auch nur eine minimale Gefahr für mich oder das Baby bestanden hätte. Auch gegen meinen Willen. Dafür war ich dankbar. Unter der Geburt Entscheidungen zu treffen ist ebenso unmöglich, wie im Vollrausch geradeaus zu gehen.
Der wichtigste Satz meiner Hebamme war für mich: “Selbst wenn Du ins Krankenhaus mußt, es ist DEINE Geburt und Du kannst und darfst die Verantwortung nicht an der Tür abgeben!”
Es ist alles gut gegangen. Bis auf den kleinen Sternengucker gab es keine Unregelmäßigkeiten. Ob das jetzt Glück war oder die äußeren Umstände ist dabei völlig egal.
Sicherlich ist ein Kaiserschnitt unnatürlich. Ja. Und sicherlich sind viele Kaiserschnitte durch den hektischen Klinikalltag heraufbeschworen. Ja.

Akzeptieren was war

Doch wir unterhalten uns hier über das Thema was ist danach. Und danach zählt nur, daß mein Kind lebt und im besten Fall gesund ist! Egal wie es zur Welt gekommen ist.
Ich lebe jetzt und mit dem was war. Denn das kann ich nicht mehr ändern. Mit meinem Verhalten jetzt, kann ich aber eventuell die Zukunft ein bißchen beeinflussen.

Mehr zum Thema unter anderem hier:

 

Gruß
Suse