Mir passiert es ja hin und wieder, daß ich erleichtert aufatme und denke wie schön doch gerade alles mit den Kindern ist. So friedlich, harmonisch und gesund. Das verleitet mich in geistig umnachteten Momenten dann dazu, die Freude über den aktuellen Status auch zu kommunizieren. Leider passiert dann jedes einzelne Mal das Gleiche: ich spreche es aus, und zack bricht alles zusammen. Ich frage mich dann immer ob das nur mir so geht oder ob andere Eltern das Phänomen auch schon mal beobachtet haben. Ich habe mal drei typische Sätze, die man niemals aussprechen darf aufgeschrieben:

1: Meine Kinder sind nie krank


Es mag rein statistisch stimmen, daß meine Kinder relativ wenig krank sind. Hin und wieder erwischt es sie doch. Nämlich dann, wenn ich mich freue, daß sie der aktuellen Grippe- oder Magen-Darm-Krankheitswelle bisher stand gehalten haben und ich mich darüber so sehr freue, daß mir der Satz “Mein Kind ist nie krank!” über die Lippen flutscht. Wahrscheinlich ist es das miese Karma -andere Mütter trifft es ständig, die Sache mit den kranken Kindern- und zack ist es bei uns zu Hause auch schon passiert: Das Kind ist in Dauerschleife krank und nimm nacheinander alle Viren mit, die sich so in Kindergarten, Schule und Hort tummeln.
Dabei kann ich mir den Satz sehr lange verkneifen (ich denke es nur erleichtert), aber wenn dann fast alle in meinem Umfeld wieder gesund sind, dann rutscht er doch wieder raus. Nicht triumphierend, eher erleichtert in der Hoffnung der Kelch sei an uns vorüber gegangen.
Anfängerfehler.

2: Die Geschwister streiten sich gar nicht mehr


Dieser Satz schreit sozusagen nach einem Gegenbeweis wird der aufmerksame Leser jetzt einwerfen. Stimmt.
Meine Freude überwiegt jedoch jeglicher Vernunft, wenn es eine streitfreie Phase gibt. Dann muß ich zumindest dem Kindsvater erklären, wie wohltuend diese Ruhe in unserem Heim auf mich wirkt. Das ist ein erleichtertes Aufatmen, weil man mal telefonieren kann ohne 95 Dezibel im Hintergrund. Es ist sogar möglich Musik in Zimmerlautstärke zu hören.
In anderen Familien mag das anders sein, bei uns zu Hause gilt: man schlägt sich, man verträgt sich. Nur das Vertragen dauert meist genau für die Zeitspanne an, die ich brauche, um meine Erleichterung darüber kund zu tun. Denn irgendwas ist immer: Der Pfannkuchen der Schwester ist dicker mit Marmelade bestrichen oder die Eine hat wieder die Socken der Anderen angezogen. Man glaube mir: es findet sich immer ein Grund sich zu streiten.

3: Jetzt sind die Kinder aus dem Gröbsten raus


Ha, um diesen Satz aussprechen zu können muß man zunächst einmal definieren, was genau dieses “Gröbste” sein soll:
In meiner kleinen Welt als Baby- und Kleinkindmutter war für mich die eigenständige Kontrolle sämtlicher Körperöffnungen ein entscheidender Schritt weg vom Gröbsten. Sprich: selbständiges Essen und Trinken und Beseitigung desselbigen. Weg mit der Windel ohne Unfälle.
Nun ja und da ich mir vom Eintritt in den Kindergarten ein wenig mehr regelmäßige Unabhängigkeit von meinen Kindern erwartete, dachte ich auch dieser Stichtag wäre ein Meilenstein in die richtige Richtung.
Nicht bedacht hatte ich aber, daß bei mehreren Kindern immer eins entweder noch nicht oder nicht mehr im Kindergarten befindlich ist.
Und nach dem Kindergarten fängt das Gröbste eigentlich erst richtig an. War der Kindergarten noch die Insel der Glücksseeligen für Mutter und Kind, beginnt es hier kompliziert zu werden:
Denn das Gröbste legt noch eine Schippe drauf: den massiven Einfluß von außen. Und den individuellen Umgang des einzelnen Kindes damit.
Und als Mutter sehe ich natürlich, wie es leichter gehen würde als mit dem Kopf durch die Wand oder auch wahlweise im Sand.
Ist die Grundschulzeit geschafft und die weiterführende Schule erreicht, stellt man dann fest, daß für das eigentlich pflegeleichte Kind das Lernen an sich eine Herausforderung ist.
Nunja, sagen wir mal so: das Gröbste gibt es anscheinend nicht. Die Ansprüche an mich als Mutter verlagern sich nur. Ist das Kind zu Beginn seines Lebens stark körperlich an mich gebunden, braucht es mich mit zunehmendem Alter immer mehr als Sparringspartner. Die Herausforderung ist dann irgendwann auszuhalten, daß das Kind seine eigenen Wege geht, eigene Gedanken denkt und vor allem eigene Fehler macht.
Der bekannte schweizer Kinderarzt Remo H. Largo vermittelte mir bereits in meiner Anfängerzeit als Mutter, daß alles nur eine Phase ist, und daß alles, was irgendwie komisch ist mit der Erweiterung des kindlichen Horizonts zu tun hat (Tatsächlich beschreibt er es nicht so banal wie ich es hier tue, ich habe sicher auch viele gute Thesen wieder vergessen. Die eine jedoch hat sich in mein Hirn gebrannt).
Die FAZ zitiert Remo. H. Largo, daß Eltern nur eines müssen:

“…akzeptieren, dass man die Kontrolle über die heranwachsende Brut verliert.”

Na denn. Nur nichts beschreien!

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